Peter
Trawny

Philosoph / Autor / Gründer des Martin-Heidegger-Instituts

speach-bubble_pointer_tablet-mobile
Foto von Peter Trawny
  • Philosophie
  • Gesellschaftsanalyse
  • Wahrheit & Fake News

Biographie

Peter Trawny kann das Philosophieren nicht lassen. »Ich muss mein Verhältnis zu dem Anderen und zum Weltleben auch philosophisch reflektieren. […] Es gibt nichts, was von der Philosophie nicht berührt würde. Das ist der Anspruch der Philosophie: das Leben in seiner Ganzheit begreifen.« Der Gründer des Wuppertaler Martin-Heidegger-Instituts und Professor für Philosophie lehrt an der Bergischen Universität in Wuppertal sowie an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland. In seinen aktuellen Büchern spürt er in funkelnden Denkbildern der Vielgestaltigkeit der Liebe nach oder durchdenkt aus philosophischer Sicht die gegenwärtige Krise der Wahrheit auf den Feldern Medien, Politik, Öffentlichkeit, Kunst und Geschlecht.

Peter Trawny gehört zu den weltweit besten Heidegger-Kennern. Mit »Heidegger-Fragmente – Eine philosophische Biographie« legte er 2018 »das kenntnisreichste, inspirierteste, empathischste und vor allem humorvollste Buch [vor], was über den Zauberer aus dem Schwarzwald je zu schreiben gewagt wurde« (Deutschlandfunk). Bekannt wurde Trawny bereits 2014/15 mit der Herausgabe Martin Heideggers »Schwarze[n] Hefte«, in denen er den Antisemitismus des Philosophen offenlegte und damit eine internationale Debatte um die Verstrickung von Nationalsozialismus und Philosophie neu entfachte. In den schwarz gebundenen Notiz- und Denktagebüchern hielt Heidegger zwischen 1931 und 1975 Überlegungen zum aktuellen Zeitgeschehen fest; bis 1948 finden sich darin antisemitische Äußerungen – Gedanken, die auch Heideggers Philosophie der Seinsgeschichte beeinflussten, wie Peter Trawny nachdrücklich zeigte, und mit denen er sich seither immer wieder kritisch auseinandersetzt.

Philosophiesüchtig habe ihn ein weiterer »randständiger Denker mit eigener Stimme« gemacht, sagt Trawny: »In der Schule wies mich ein Deutschlehrer auf Friedrich Nietzsche hin, von dem ich unmittelbar alles las, ohne es zu verstehen.« Für Peter Trawny gehört das Unversteh­bare seither konstitutiv zum philosophischen Denken hinzu: »Philosophie bedeutet, Probleme zu formulieren, was heißt, noch nicht Verstandenes zu artikulieren.« Entsprechend facettenreich sind Trawnys philosophische Interessen: Im Zentrum seiner Arbeit stehen – neben der fortwährenden wissenschaftlichen Edition von Heideggers Gesamtwerk – Fragen der Politischen Philosophie, der Ethik, der Technik- und Medienphilosophie sowie der Kunst und Literatur. Trawny, der auch als Übersetzer aus dem Englischen und Französischen tätig ist, schrieb über Derrida, Marx, Hegel, Adorno und Arendt, beschäftigte sich mit der Soziologie der Ökonomie und der Frage der Shoah. Immer wieder schlägt er Brücken von existenziellen Fragen zur Intimität oder Freiheit hin zu aktuellen Debatten um Europa, ›Alternativen Fakten‹ oder Identitätspolitik. In »Was ist deutsch?« (2018), »Philosophie der Liebe« (2019) oder »Krise der Wahrheit« (2021) finden sich mit Referenzen auf große Denker von Sokrates bis Adorno – oftmals in fragmentierten Episoden, geradezu literarisch geschrieben – Anknüpfungspunkte an drängende gesellschaftspolitische Themen.

Trawny ist ein solitärer Geist, dem weniger die akademische als vielmehr die philosophische Aneignung des Lebens und die Suche nach der eigenen Stimme wichtig ist. Geboren wurde er 1964 in eine Bergmannsfamilie in Gelsenkirchen, wuchs auf einem Bauernhof auf und studierte Philosophie, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte in Bochum. Musikalisch begabt, gewann er 1990 den Kompositionspreis der Stadt Krefeld für Neue Musik und Literatur, erwog zwischenzeitlich ein Kompositionsstudium bei Wolfgang Rihm in Karlsruhe, widmete sich letztlich aber der Philosophie. 1995 promovierte er mit einer Arbeit zu Heideggers Phänomenologie der Welt und habilitierte sich 2000 über Trinität bei Hegel und Schelling an der Bergischen Universität in Wuppertal. 2012 schließlich gründete Peter Trawny das erste Martin-Heidegger-Institut in Deutschland, das schnell internationales Renommee erlangte. Er lehrte an internationalen Universitäten, darunter in Wien, Shanghai und Stockholm, und erhielt zahlreiche Forschungs- und Aufenthaltsstipendien; 2006 verlieh ihm das Deutsche Literaturarchiv in Marbach das Ernst-Jünger-Stipendium des Landes Baden-Württemberg. Seit 2015 kuratiert er das philosophische Programm im renommierten Vittorio Klostermann Verlag. Als Redner ist Peter Trawny auf der ganzen Welt gefragt.

Ebenso wie die Literatur spielt die Musik in Peter Trawnys Leben weiterhin eine große Rolle. Durch seine Nähe zur Neuen Musik fühlt er sich besonders mit dem Denken Adornos verbunden; der großen brasilianischen Schriftstellerin Clarice Lispector widmet er eins seiner nächsten Bücher. Peter Trawny hat zwei Töchter und lebt in Düsseldorf.

Vorträge

Alternative Fakten, Lügenpresse, Geschichtsklitterung, postfaktisches Zeitalter – die Situation ist unübersichtlich. Die Covid-19-Pandemie und die damit einhergehenden Unsicherheiten in vielen Lebensbereichen haben bestehende Tendenzen noch verstärkt und die in den letzten Jahren zu beobachtende Renaissance verschwörungstheoretischer Ansätze befeuert. Was ist wahr und was ist falsch? Und wie reagieren auf die Infragestellung von Wahrheit und Autorität? Peter Trawny erklärt aus philosophischer Sicht den aktuellen Kampf um die Wahrheit. Was wir heute erleben, so ist Trawny überzeugt, ist nichts anderes, als das, was Wahrheit von Anfang an ist: eine Krise. Ein Vortrag über die Bedeutung von Wahrheit im öffentlichen Diskurs und die Erkenntnis: Ohne geht es nicht.

Außenseiterpositionen sorgen für Innovationen und Paradigmenwechsel. Durch das Infragestellen von Erkenntnissen und das Anzweifeln von Autoritäten definiert sich die wissenschaftliche Methode. Auf diese Art und Weise schaffen wir das, was als wahr gelten soll, bis es durch neue Erkenntnisse wieder in Zweifel gezogen wird. Was aber passiert, wenn falsche Behauptungen, wenn ›alternative Fakten‹ in einer Debatte die gleiche Gewichtung bekommen wie validierte Erkenntnisse? Nicht erst seit der Covid-19-Pandemie geraten insbesondere Wissenschaft und Medien als lang akzeptierte Autoritäten immer öfter unter Beschuss. Wie kann Debattenkultur in Zukunft aussehen?

Bis heute hat die Philosophie die wichtigsten Selbstdarstellungen des Nationalsozialismus ignoriert. Hitlers »Mein Kampf« gilt als ein Buch, das einer philosophischen Auseinandersetzung nicht würdig ist. Peter Trawny ist überzeugt, den Nationalsozialismus aus einem europäischen Diskus herauszuhalten ist im besten Fall naiv, im schlimmsten Fall ein politischer Fehler. Allein, weil er schon einmal die Macht ergriffen und das Leben der Gesellschaft beherrscht hat, gibt es keinen Grund zu meinen, der Hass wäre vergangen.

Unkontrollierbar, unordentlich, nicht fassbar. Liebe ist vielfältig und trotzdem durchziehen traditionelle Vorstellungen romantischer Liebe Filme, Romane und Popkultur. An die Liebe fürs Leben glauben einerseits viele, andererseits beginnen immer mehr Menschen traditionelle Paarbeziehungen infrage zu stellen. Ist romantische Liebe ein Konstrukt? Was bedeutet individuelle Freiheit in einer Partnerschaft? Leidet ein Verhältnis unter dem gesellschaftlichen Optimierungsdruck? Welche Rolle spielt Sex und wie kann man partnerschaftliche Liebe heute neu denken? Peter Trawny versucht eine philosophische Annäherung.

Liebe ist Sprengstoff und sie kommt in vielen verschiedenen Formen: Nächstenliebe, romantische Liebe, Gottesliebe, Hassliebe. Peter Trawny nähert sich der Liebe aus vielen Perspektiven, den Augen großer Philosophen aber auch von Bands wie den Beatles oder The Who und schafft »eine Sensibilisierung für die Allgegenwärtigkeit von Liebe in Zeiten, in denen ihre Abstinenz so bemängelt wird« (literaturkritik über Trawnys gleichnamiges Buch). Kann man ein Gefühl begreifen? Peter Trawny wagt es.

Medien

Publikationen

Peter
Trawny

Ähnliche Speaker

Foto von Peter Trawny
Peter Trawny Philosoph / Autor / Gründer des Martin-Heidegger-Instituts
Anfragen